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Poetry Slam
Workshops für den 9. und 10. Jahrgang

„Oft sind die Stücke mit Ecken und Kanten viel interessanter als glatte Perfektion.“ (Bas Böttcher)

Eigentlich wollte Bas Böttcher in den vergangenen Tagen nur mit einer Sache an dieser Schule für Aufsehen erregen: mit seinen Poetry-Slam-Workshops für den 9. und 10. Jahrgang. Dass daraus mehr wurde, zeigte sich schließlich am letzten Tag: Die Workshopteilnehmer präsentierten und inszenierten ihre selbstgeschriebenen Texte vor mehr als 200 Schülerinnen und Schülern.

Bas Böttcher gilt als Mitbegründer des deutschsprachigen Poetry-Slams – ein literarischer Vortragswettbewerb, bei dem selbstgeschriebene Texte vor einem Publikum präsentiert werden. Die deutschsprachige Slam-Szene gilt inzwischen, noch vor der englischsprachigen, als die größte der Welt.

Das folgende Interview führte Anna Kühn (StR) mit ihm.

Frau Kühn: “Herr Böttcher, Poetry-Slam ist vielen Schülerinnen und Schülern noch unbekannt. Wie würden sie einem unwissenden Pubertier Poetry-Slam beschreiben?”

Bas Böttcher: “Poetry Slam ist eine Mischung aus Kunst, Unterhaltung und Kommunikation. Ideen werden zu Texten komprimiert und in Minutenschnelle auf die Bühne gebracht. Poetry Slam lebt vom Dabeisein. Jeder kann für fünf Minuten im Rampenlicht stehen.”

Frau Kühn: “Die Schülerinnen und Schüler haben im Workshop vor allem bei der Themenfindung Probleme gehabt. Woraus können Schreibbegeisterte ihre Inspiration für neue Texte schöpfen?”

Bas Böttcher: “Die Ideen liegen auf der Straße. Das kann man auch wörtlich verstehen: „Der Zoo der plattgefahrenen Tiere“, „Eine Liebe wie Kaugummi“, „Der zerbrochene alte Fidget Spinner“, „Die Blume, die durch den Asphalt der Straße bricht.“ Das alles sind potenzielle Themen!”

Frau Kühn: “Wie schaffen Sie es, dass Ihnen seit Jahren nicht die Lust am Schreiben vergeht?”

Bas Böttcher: “Es geht mir nicht um das Schreiben. Es geht mir um überraschende, lustige, provokative Texte. Schreiben ist der Weg dorthin. Manchmal überraschen mich selbst die eigenen Textergebnisse. Man lernt dabei eine Menge über sich selber.”

Frau Kühn: “Sie bezeichnen sich selbst als „reisender Poet“ und bringen seit Anfang der 1990er Jahre vorgetragene Lyrik bei literarischen Veranstaltungen auf die Bühne. Wie würden sie Ihre bisherige Reise beschreiben?”

Bas Böttcher: “Das Reisen als Dichter folgt einem eigenen Lifestyle: Meine Tourneen führten mich bereits nach Australien, Singapur, Brasilien, Russland, China, in die Arabischen Emirate und noch in 30 weitere Länder. Nicht jedem würde dieses Städte-Hopping auf Dauer gefallen, aber ich sehe diesen Lebensstil als großen Gewinn. Man betrachtet dann auch sein eigenes Land aus anderer Sicht.”

Frau Kühn: “Gerade ging es für Sie auf die KGS-Bühne. Haben Sie überhaupt noch Lampenfieber vor Auftritten?”

Bas Böttcher: “Lampenfieber ist nichts anderes als Adrenalin, welches der Körper in Stress-Situationen ausschüttet. Es kann helfen, schlagfertig zu reagieren. Dieser Nervenkitzel, ohne Textblatt für 90 Minuten Programm auf die Bühne zu gehen, macht irgendwann irgendwie süchtig.”

Frau Kühn: “Die Schülerinnen und Schüler hatten soeben die Gelegenheit, ihre „Best-of“-Texte aus den Poetry-Slam-Workshops mit Ihnen auf der Bühne zu präsentieren. Wie empfanden Sie die Zusammenarbeit in den letzten Tagen?”

Bas Böttcher: “Alle Workshopteilnehmer haben sich voll auf das Experiment eingelassen. Das bringt eine wunderbare Dynamik in den Workshop und beflügelt die Ergebnisse. Wichtig ist mir, dass es – bei aller Ernsthaftigkeit, die beim Thema Sprache angebracht ist – auch einfach Spaß macht.”

Frau Kühn: “Unter uns: Haben Sie einen heimlichen „Best-of“-Text?”

Bas Böttcher: “Dazu bräuchte ich etwas mehr Abstand. Momentan sind meine Lieblingstexte diejenigen, die zum Abschluss live auf der Bühne waren. Wenn ich die MP3-Aufnahmen aller anderen Stücke hören werde, kommen sicher weitere Lieblingstexte dazu.”

Frau Kühn: “Welche Tipps würden Sie Menschen geben, die mit dem Poetry-Slamen anfangen wollen?”

Bas Böttcher: “Mein Tipp: Probiert es auf der Bühne aus und seid dabei nicht zu perfektionistisch. Oft sind die Stücke mit Ecken und Kanten viel interessanter als glatte Perfektion.”

Frau Kühn: “Wir bedanken uns recht herzlich für das spannende Interview und wünschen Ihnen alles Gute für die Zukunft.”